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  • AutorenbildKerstin K.

Medina küsst Fastfood

Aktualisiert: 14. Aug. 2019


Tanger ... Marocco ... Afrika ...


Magische Wörter, die uns faszinieren und reizen.

Ein wunderbares Land, das ich schon als Kind bereisen durfte und das mich seitdem nicht mehr losgelassen hat.

Nun habe ich erneut dieses riesige Glück und darf wieder hin.

Wir fahren mit der Schnellfähre ab Tarifa.

Morgens um 9 Uhr. 

Die Reiselust trieb uns früh aus den gemütlichen Betten ... Ab in die Altstadt, die natürlich direkt an den Hafen anschliesst. Dort in einem winzigen - echt spanischem - Café  gab es frische,  gebackene Churros (nicht süß, nicht gefüllt), ohne Tüdelüdd , frisch gepressten Orangensaft und Kaffee bzw. Wasser.



Über "Get you Guide" hatte ich die Tagesfahrt gebucht. Das Terminal ist schon gut besucht an diesem Morgen, eine sehr lange Schlange, mit einer Verspätung von 30 Minuten fahren legen wir dann aber doch irgendwann ab.

Freunde hatten uns schon in Hamburg gesagt, wir sollen uns SOFORT an die Schlange anstellen - dort werden die Reisepässen gestempelt. Anna, unser Guide, hingegen sagte uns: "Seid entspannt und wartet erstmal eine halbe Stunde und stellt euch dann an." DAS war eine gute Idee.

Die Küste von Marokko... 

... können wir im Moment jeden Tag sehen. Schon beim Frühstücken im Hotel scheint sie immer zum Greifen nah.

Nun also nähern wir uns ihr in "echt"und sehen die weissen Häuser der Medina. Sie verschmelzen mit der Stadtmauer aus Felssteinen, die schroff zum Wasser hin abfällt.



Draussen besteigen wir einen Bus und ein weiterer Guide, Bachir, kommt hinzu. Bachir ist unglaublich: Er hat keine Zähne mehr oben im Mund, ist Mitte 50, lebt in der Medina und hat am Goethe Institut in Tanger Deutsch gelernt. Er spricht fließend arabisch und die afroasiatische Berbersprache (Tamaziɣt - diese ist keine Schriftsprache!) Ebenfalls fliessend, Französisch, Englisch, Spanisch und Deutsch!!! Unglaublich.Und eine Ausbildung als Fremdenführer hat er auch - erzählt er uns freudestrahlend. Anna spricht Spanisch und Englisch (sie ist allerdings auch Spanierin mit kanadischen Wurzeln). Wir sind sprachlich also bestens versorgt. Die Beiden wissen einfach auch unglaublich viel und keine Frage bleibt unbeantwortet. Aufgrund meiner Sprachkenntnisse kann ich auch berichten, dass sie alles gleich erzählen.  


Los geht's:

Wir werden erstmal durch das moderne Tanger gefahren:  Moderne Gebäudekomplexe. Läden namenhafter Modemarken und auch bekannte Schnellrestaurants säumen unsere Strecke. Tanger ist die europäischte Stadt auf dem afrikanischen Kontinen. Tanger ist in viele Viertel eingeteilt. Wir fahren u.a. durch das französische, das kalifornische und das königliche Viertel. Dort hat der marokkanische König seinen Sommer-Palais. Und neuerdings hat auch der Saudi-arabische König dort einen Palast (Marbella wurde der Rücken gekehrt). Eine Straße führt an beiden Gebieten vorbei. Kilometerlang erstrecken sich die Zäune der beiden Residenzen. Nordafrika ist hier unglaublich grün. Ebenso wie das Pendant auf dem europäischen Kontinent ist hier Wind und es gibt Regen. Die Durchschnittstemperatur beträgt im August 23 Grad. Dieses Klima wirkt sich eben auch auf das Cap Spartel aus. Das ist ein Naturreservat - und clevere Marokkaner haben dort einen Pfeil aufgestellt, der aufzeigt, dass sich dort das Mittelmeer und der Atlantik umarmen. Ein beliebtes Fotoziel für die Touristen.




Der Bus hält und wir könnten Fotos mit einer Eselin und ihrem Fohlen machen. (Nein, wir machen das nicht ... obwohl es für mich immer eine Gratwanderung ist. Einerseits tun mir die Tiere leid, die in der brüllenden Sonne stehen müssen. Andererseits weiss ich, dass die Besitzer sich damit ihr Leben ein bisschen aufbessern - trotzdem, und auch weil ich Esel so liebe, nein - kein Foto).



Dromedarbabys

Wir fahren weiter, dieses Mal soll es Kamelreiten sein. Es sind allerdings Dromedare (bzw. arabische Kamele) - da einhöckrig! Auch das machen wir nicht. Aus eben den Gründen. Aber, in der Zeit, in der andere Menschen reiten, habe ich Zeit und streichle die Dromedare und lasse meine Füsse durch die rote, warme Erde streichen. Wie schön und warm sie ist!

Ausserdem genieße ich den Ausblick auf den Atlantik. Ich werde wiederkommen. Es ist so wunderbar hier. Noch ist diese Ecke sehr "natürlich". Wenig Häuser, sehr ruhig und, bis auf die Bustouren - noch völlig unberührt! Genießt hier den Strand von Achakar.




Am Straßenrand bieten Berberfrauen Milch der Dromedare an. Die Familie scheint gegenüber des Platzes zu wohnen, von dort aus haben sie Verkaufsstände auf die andere Straßenseite getragen/geschoben und Autos halten an, um sich an den Getränken zu laben.




Unser nächstes Ziel ist die


Herkulesgrotte.

Unterschiedliche Sagen gibt es dazu:

"Vor seiner elften Arbeit soll sich Herakles in der Höhle aufgehalten und geschlafen haben. Er sollte die goldenen Äpfel im Garten der Hesperiden pflücken.

Einigen römischen Quellen zufolge musste Herkules (Herakles) auf seinem Weg zum Garten der Hesperiden über denBerg Atlas. Doch statt ihn zu ersteigen, soll er seine übermenschlichen Kräfte genutzt haben, um mittendurch zu gehen. So entstand die Straße von Gibraltar, die das Mittelmeer mit dem Atlantik verbindet. Ein Teil des geteilten Berges ist Gibraltar, der andere ist entweder der Monte Hacho oder der Jbel Musa. Seitdem sind die beiden Berge als Säulen des Herkules bekannt, wobei diese Bezeichnung auch für andere Berge verwendet wird.


Diodor dagegen schreibt, dass Herkules eine schon bestehende Straße verengte, damit keine Ungeheuer vom Atlantik ins Mittelmeer gelangen können.


Nach der griechischen Mythologie bot Herakles Atlas an, den Himmel zu tragen, während dieser die Äpfel aus dem Garten der Hesperiden (Atlas' Töchter) holt. Nachdem er mit den Äpfeln zurückgekehrt war, versuchte Atlas, Herakles auszutricksen. Er bot ihm an, die Äpfel selbst abzugeben. Jeder, der sich absichtlich den Himmel aufgebürdet hat, muss diesen tragen, bis er ihn von jemand anderem abgenommen bekommt. Herakles glaubte nicht, dass Atlas vorhatte, zurückzukommen. Somit hätte er den Himmel für immer tragen müssen. Er gab vor, mit Atlas' Angebot einverstanden zu sein. Jedoch bat er ihn, ihm den Himmel für einige Minuten abzunehmen, um seinen Mantel zu richten, mit dem er seine Schultern polsterte. Als Atlas darauf einging und den Himmel geschultert hatte, nahm Herakles die Äpfel und lief davon."


Einer Legende nach endet / beginnt dort der Tunnel nach Gibraltar, durch den die Affen damals auf die Insel kommen sind. "

(1)


Die Grotte hat einen Eingang vom Land aus und einen Seezugang. Spannend ist, dass dieser die Form von Afrika - allerdings auf dem Kopf stehend - hat.


Innen in den Höhlen befinden sich viele runde "Abschürfungen". Sie stammen vom Abtragen von Mahlsteinen-Rohlingen durch die Berber. All das erzählt uns Bachir, als er mit meinem Mann und mir eine kleine "Privatführung" durch die Grotte macht.



Nun geht es zurück in die Altstadt. Ich habe im Bus gefilmt und darauf hört man die Stimme von Bachir:



Leider "hinken" wir der Zeit hinterher und das Restaurant erwartet unsere Gruppe zum Essen. Wir werden an einem der unzähligen Tore zur Medina aus dem Bus gelassen und stolpern mehr als das wir gehen Richtung Kasbah. Unten - also innerhalb der Festungsmauern liegt der Basar. Auf den hatte ich mich besonders gefreut - da ich ein bekennender Farbfetischist bin. Leider mussten wir hetzen ..Trotzdem erinnere ich mich an FARBEN - Gemüse und Obst in Hülle und Fülle. Lebende Tiere, die zum Verkauf angeboten werden. Ganze Steaks, auf denen hungrige Fliegen sitzen. Diese Steaks stehen senkrecht auf dem kleinen Verkaufstresen, ein lustiges Bild. ... Hinter den Fleischtheken stehen die Männer, beim Gemüse finden sich Frauen. Es ist ein farbenfrohes Gewusel, zwischendurch streckt mir ein Junge mit unglaublich blauen Augen die Hand entgegen und möchte einige Dirham - ich habe keine. Und auch schon früh gelernt, den bettelnden Kindern kein Geld zu geben. Leid tut er mir trotzdem. Wir folgen unserem Bachir durch den Basar und landen in einem Restaurant, sehr marokkanisch, sehr für Touristen hergerichtet - Massenabfertigung. Es wird uns Suppe gereicht. Gefolgt von Gemüse in einer Tajine mit Hühnchen und klassische, klebrige Süßspeisen. Dazu gibt es traditionellen Schwarz-/Pfefferminztee mit viel Zucker. Und kalte Getränke auf Wunsch. Für einen Euro je Flasche. Das Essen ist wirklich lecker! Und unsere gute Laune wird durch musikalische Klänge einer marokkanischen Combo noch gesteigert.



Medina

ist die Bezeichnung für die Altstadt nordafrikanischer Städte.   "Sie ist eng mit dem Islam verknüpft und nur für "Aussenstehende" ein völliges Chaos an kleinen und engen Gassen und Gässchen. Mittelpunkt (nicht unbedingt in der echten Mitte) ist die Freitagsmoschee, von er aus viele Gassen abgehen. Die Viertel selbst sind in mehrere Gebäudegruppen eingeteilt, häufig endet der Zugang zu den Wohnungseingängen in einer Sackgasse, die genaugenommen nur die Bewohner betreten dürfen. Jedes Wohnquartier, dessen Haushalte jeweils eine Infrastruktur aus Backofen, Hammam (Bad), Koranschule und Lebensmittelgeschäft gemeinsam benutzen, ist getreu dem Heiligen Buch der Muslime einer bestimmtem Gruppe der Gesellschaft vorbehalten. […] Die vornehmeren Stadtbewohner lebten einst nahe der Freitagsmoschee, wobei die ranghöchste Familie in der Regel das Gebäude am Ende der Sackgasse bewohnte.“

Thomas Veser (2) 


Einige Medinas in Marokko stehen schon auf der Weltkulturerbe-Liste: Fès, Marrakesch, Meknès, Tétouan, Essaouria.


Es ist spannend in der Altstadt. Wir erfahren, dass noch sehr viele Häuser jüdischen Familien gehören. Auch das Haus von Bachir. Er lebt dort mit 10 Personen auf 60 qm - und zahlt 60 Euro pro Monat. Das sei günstig, sagt er, das liege aber auch daran, dass seine (Berber)-Familie schon sehr lange dort lebe.



Überhaupt: Die Religionen vertragen sich gut in Tanger. Vielleicht, weil diese Stadt nie so richtig hier oder dorthin "gehörte". Die Moschee liegt neben der "Spanischen Kirche" - wie die Katholische Kirche hier genannt wird. Zwischendrin befinden sich Synagogen. Friedlich - lange - es funktioniert einfach.

Die Gassen und Gässchen sind so, dass wir hier nicht nachts laufen möchten. Keine Beleuchtung. Manche Gassen unglaublich eng. Ich vermute, auch hier wurde wegen der Sonne so eng gebaut - damit es Mittags, wenn diese im Zenit steht, beschattet ist. (So jedenfalls kenne ich es aus Spanien).


Wir werden in eine Berber-Apotheke geführt. Sehr modern, eine Verkaufsveranstaltung. Nach Sprachen getrennt. Wir erfahren Dinge über Arganöl und Kreuzkümmel und andere Mittelchen für dies und das. Ist interessant, aber ich wäre lieber in den Basar eingetaucht.


Wir kommen auch an einer Backstube vorbei. Dort wird Brot gebacken. Auf langen Brettern in den Holzofen geschoben. Köstlich.

Die Fotos sind alle in der Medina aufgenommen. Dann ging es zu Fuss bis zur Stadtmauer, dort wurden wir eingesammelt und zum Schiffsterminal gebracht.


Ein schöner Tagesausflug - der Lust auf mehr macht. Und wir werden wiederkommen, denn Tanger hat noch viel mehr zu entdecken und bestaunen. Die Faszination, die ich schon seit meiner ersten Marokkoreise als Kind hatte - ist unverändert.



Beeindruckend fand ich, dass wir zwar Frauen mit Kopftüchern gesehen haben, aber nur eine einzige vollverschleierte Frau - und diese fuhr mit uns nach Spanien und hatte einen spanischen Pass ... Und dass sich auf dem Hinweg alle Menschen auch draußen auf dem Schiff aufhalten konnten. Und auf der Rückfahrt alle Türen verschlossen waren. Damit niemand unerlaubt nach Spanien gelangt. In Zeiten wie diesen ...




(1) Quelle: Wikipedia

(2) Thomas Veser: Extra. Wochenend-Beilage zur Wiener Zeitung. 14. August 1998, S. 8.

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